Konsumenten durch Großbrauereien abkassiert

27.01.2014

Relativ unaufgeregt haben fünf der Großbrauereien Deutschlands – deren Produkte auch als Fernseh-Biere bekannt sind – den Bußgeldbescheid über 107 Millionen Euro Strafe hingenommen. Durch verbotene Preisabsprachen der Unternehmen wurden die Kunden um etwa 1 Euro pro Kasten Bier betrogen. Gegen zwei weitere Großbrauereien wird noch ermittelt. Aufgeflogen waren die Machenschaften durch umfassende Ermittlungen des Bundeskartellamtes.

Die betroffenen Brauereien klagen nun, dass ihnen etwa der Ertrag von ein bis zwei Jahren durch die Bußgelder entgangen ist. Dabei hätte nach den Bußgeld-Leitlinien des Bundeskartellamtes diese Strafe sogar doppelt so hoch ausfallen dürfen. Hintergrund dieser Preisabsprachen ist der erbitterte Kampf um Marktanteile am seit Jahren schrumpfenden Biermarkt. So ist der Pro-Kopf-Verbrauch innerhalb von 20 Jahren in Deutschland von 173 auf 115 Liter gesunken. Dieser Einbruch um nahezu 35 % wird garniert von einer zunehmenden Konzentration der Brauereien und einer Internationalisierung über global tätige Großkonzerne. Der Verlust dieser erheblichen Umsatzmenge ist neben anderen Ursachen – auch dem Rückgang alkoholischen Konsums in der Gastronomie –  auf die mit dieser Entwicklung einher gehende Geschmacksnivellierung auf ein zwar qualitativ einwandfreies, aber dennoch weitgehend charakterloses Einheits-EU-Bier zurückzuführen.

Dagegen findet – und das überall in Europa und Amerika – ein Boom von Klein- und Minibrauereien statt. Die dadurch entstehenden Bierspezialitäten lassen Innovation und handwerkliche Braukunst auf einem hohen Niveau erkennen. Freilich werden dabei auch einige nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut, aber es entsteht eine geschmacklich einzigartige Sortenvielfalt. Und selbst die kleine Anzahl der Biere jenseits des Reinheitsgebots deutscher Art finden auch hierzulande immer mehr Freunde, zumal auch diese ja nicht mit künstlichen Substanzen, sondern z.B. auch mit einwandfrei angebauten Kräutern gebraut werden. So wie dies auch früher bei uns üblich war, ehe der Hopfen den Kräutersud verdrängt hatte. Aber selbst unter Einhaltung des Reinheitsgebotes lässt sich eine bisher eher unvorstellbare Palette an Bierspezialitäten herstellen, wenn man – wie gerade durch die kleinen Brauereien  – die Hopfen- und Malzsortenvielfalt konsequent  nutzt.

Aber unabhängig davon, wie mit dem Reinheitsgebot umgegangen wird, die kleinen Braustätten mit ihrer transparenten handwerklichen Qualität liegen im Trend (www.braugasthoefe.de). Es war schon immer so, dass die Wirte für die regional gebrauten Biere mehr zahlen mussten, als für die Produkte der Großbrauereien. Endlich erkennen aber immer mehr Wirte – auch ausgelöst durch die gezielte Verbrauchernachfrage - dass sie mit dem individuellen Geschmack der Heimatbiere mehr Umsatz und Gewinn erzielen können, als mit den großen Fernsehbieren. Und nur mit solchen Produkten können auch regionale Wertschöpfungsketten reaktiviert oder gesichert werden, wie es mittelständische Unternehmen wie Faust (www.faust.de), Härle (www.haerle.de) oder Fürst Carl (www.fuerst-carl.de) schon seit Jahren propagieren. Genau wie die FUTOUR-Philosophie in zahlreichen Projekten der Regionalberatung gezeigt hat: regionale Qualität kann man vor Ort schmecken und deren Wert einschätzen. Die ist eben ihren Preis wert – aber eben nicht billig oder preiswert!

Kontakt: Dieter Popp