Kulturerbe in Deutschland aufgewertet

06.05.2013

Endlich hat auch Deutschland seinen Beitritt zum „Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes“ (www.unesco.de/ike-konvention) durch Hinterlegung der Urkunde bei der UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova erklärt. Dieser längst überfällige Beitritt wird am 11. Juli 2013 rechtswirksam.

Auf nachdrücklichen Wunsch asiatischer und afrikanischer Staaten wurde das immaterielle Kulturerbe auf eine Stufe mit dem Weltkultur- und Naturerbe der UNESCO gestellt, denn vor allem die Übermacht der in die Welterbeliste aufgenommenen Weltkulturerbe-Stätten von Europa – Burgen, Schlösser, Sakralbauten u.a. - hat zunehmend dazu geführt, dass auch historisch überlieferte Sitten, Gebräuche , Traditionen oder charakteristische Eigenschaften von Regionen zu erhaltungswürdigen Kulturerbe gehören.

In dieser rund 300 Positionen umfassenden Liste befinden sich bereits u.a. der argentinische Tango, der portugiesische Fado, der spanische Flamenco, die französische Küche, die Falknerei, die rumänische Horezu-Keramik, das Tiroler Schemenlaufen, das Geigenhandwerk des italienischen Cremona, die Echternacher Sprungprozession oder die Pfeifsprache El Silbo der Insel La Gomera. Und bald wird dort auch der Wiener Charme seinen Einzug feiern. Da gerade unsere Regionen immer häufiger ihr Profil auch mit kulturellen Attributen definieren, stellt dieser Beitritt nun auch für Regionen in Deutschland eine neue Perspektive dar. Denn gerade in den zahlreichen von FUTOUR begleiteten regionalen Entwicklungsprozessen oder bei der Suche nach einem touristischen Alleinstellungswert spielt die Suche nach einem gemeinsamen Nenner und einem Namen stiftendem Profil eine immer größere Rolle. Und es wird schließlich auch immer wichtiger zu dokumentieren, wo wir herkommen und bewusst zu machen, dass wir Teil einer bestimmten Kulturgemeinschaft sind.

Ob der Winter mit alemannischen Fasnet-Bräuchen vertrieben werden soll, ob es das Bike-Brennen im zeitigen Frühjahr an der Nordseeküste ist, der Schafauftrieb auf der Alb, das zunehmend auch bei jungen Leuten in Süddeutschland  wieder aufkommende Bekenntnis zur Tracht an den Kirchweihtagen oder der wieder verstärkt gefeierte Brauersilvester Ende September bzw. die letzte Weinfuhre nach Beendigung der Weinlese, das Bekenntnis zum eigenen Kulturraum und zu kulturellen Ereignissen der Region feiert eine starke Wiederkehr.

Profilierung durch immaterielle Kulturgüter

Gerade deswegen liegt es nahe, die nun auch in Deutschland gebotene Chance aktiv aufzugreifen, um für bestimmte herausragende Bräuche, Sitten oder auch Dialekte die Eintragung in die Liste des immateriellen Kulturerbes prüfen zu lassen. Das Feld dieser schutzwürdigen Kulturgüter ist breit. Mündlich überlieferter Traditionen und Ausdrucksformen, darstellende Künste, gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste, Wissen und Praktiken in Bezug auf die Natur sowie traditionelle Handwerkstechniken gehören zum Beispiel dazu. Die Diskussion um die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft in unseren Regionen zeigen auch die ökonomische Brisanz dieses Themas auf. Und die Renaissance eines selbstbewusst vorgetragenen Dialekts macht transparent, dass auch die Deutschland von Nord nach Süd überrollende „Tschüss-Welle" wohl ihren Zenit überschritten hat.

Für FUTOUR war die heimische Kultur immer ein starkes Differenzierungspotenzial für die einzelnen Regionen und deren Wettbewerbschancen. Ob sorbische Kultur, das friesische Selbstbewusstsein von „Uthlande",  der Wandel vom blauen zum grünen Allgäu, die Straße der Romanik oder die Backhauskultur in Oberhessen, die Umgebindehäuser in Sachsen, es waren immer Besonderheiten des Kulturerbes, die Anlass zu einer besonderen Profilierung boten. Nun eröffnet die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes weitere interessante Optionen.

Kontakt: Dieter Popp